Und wieder einmal heißt es neu anfangen. Längst ist der Krieg vorbei, doch in den Nachkriegswirren und der mühsamen Wiederaufbauzeit war keine Zeit für Gesang.
Doch im Jahr 1950 ist es endlich soweit, die Lyra soll wiedergeboren werden.
Vieles an Dokumenten aus dieser Zeit ist zum Glück erhalten, und so können wir heute noch von den zahlreichen Aktivitäten
der damaligen Zeit lesen.
Die Energie der Vorstandsmitglieder erscheint unerschöpflich, und so hat der Verein trotz (oder gerade wegen) aller Erschwernisse in dieser Zeit seine stärkste Phase.
Sogar einen Kinderchor wird es zeitweise geben, wir lesen von "Singenden Brezelbuben" und sogar die Frauen spielen erstmals eine aktive Rolle im Vereinsgeschehen.
23. August 1950
ca. 12 Lyra-Mitglieder treffen sich auf Initiative von Konrad Schäfer und
Hans Klein im ,,Rheintor" und sorgen für eine Wiederaufnahme der Singstunden.
Fahne und das meiste Notenmaterial können wiederbeschafft werden.
Dirigent und Ehrenmitglied: Willi Stein
In den 50igern wächst die Mitgliederzahl wieder auf 78 aktive Sänger.
Regelmäßiger Bestandteil im Vereinsleben sind zu diesem Zeitpunkt gegenseitige Besuche zu „Fahnenweihen“.
1951
Gründung der „Singenden Brezelbuben“ mit zeitweise ca. 30 Sängern
13. Januar 1952
Beginn der Übungsstunden des „hoffnungsvollen“ Knabenchors (zeitweise bis zu 70 Mitglieder)
obwohl die Beheizung des Saales in der Alten Schwartz’schen Brauerein ein
„großes Opfer“ für den Verein darstellt
1952
Der Verein zählt ca. 200 Mitglieder in 3 Abteilungen:
Männerchor 85
Knabenchor 50
Singende Brezelbuben 30
Um den „Brandmangel“ bei den Proben des Knabenchores zu beheben spenden im März und April die Firmen Mühlberger und
Steigleiterje 2 Zentner Koks für die Heizung des Saales.
22. November:
85- jähriges Vereinsjubiläum in der ,,Alten Schwartzschen Brauerei" in der Korngasse
1953
Chorleiter Willi Stein übergibt im Februar Hans Hübsch die Chorleitung des
Männerchores (Musiklehrer am Neusprachlichen Gymnasium Speyer). Dieser bleibt jedoch nur einige Monate, schon im Dezember legt er sein Amt wieder nieder.
Hübsch wird später als "tragisch verschieden" erwähnt - was ihm genau widerfahren ist, bleibt im Dunkel der Geschichte verborgen.
Krach und ein Ehrengericht das nicht stattfindet
Im März kommt es bei der Generalversammlung zu einem Streit zwischen dem Mitglied August Fass und Kassierer Weinschütz.
Und da man in den 50igern alles sehr ernst nimmt, bestellt der Vorstand August Fass kurzerhand vor ein
"Ehrengericht"
August Fass hat dazu naturgemäß wenig Lust und tritt aus dem Verein aus.
Doch das ist nicht das Ende der Geschichte....
Februar 1954
August Fass tritt mit Billigung des Vorstandes wieder in den Verein ein -
worauf Kassierer Weinschütz austritt.
Der Vorstand hat mittlerweile beschlossen, sich
"nicht mehr in Privatangelegenheiten der Mitglieder" einzumischen.
Hat dieser Streit mit der "Bausteinaktion" zur Finanzierung eines neuen Klaviers zu tun?
Man wird es leider nicht erfahren....
Bausteinaktion zur Finanzierung eines neuen Klaviers
wird durch die "Ehre des Vereins" garantiert
1954
April
man ist mit der Alten Schwartzschen Brauerei zunehmend unzufrieden.
Chorleiter Stein versucht, die Rossmarkt-Schulturnhalle als Probenraum zu erhalten
Juni
aus dem reinen Knabenchor soll ein gemischter „Singkreis“ werden.
Dazu wird die Kindergruppe des Trachtenvereins mit in den neuen Singkreis überführt.
1. September
Für die Räumlichkeiten in der Alten Schwartschen Brauerei sollen pro Probenabend 5,-DM Gebühr gezahlt werden. Zur Finanzierung verzichtet Chorleiter Stein auf einen Teil seines Monatshonorars, der Rest soll durch eine Beitragserhöhung aufgebracht werden.
Neues Klavier in "unbeschreiblichem Zustand"
Der Vorstand beklagt, dass der Wirt das Klavier dauernd hin- und herschiebt und es ständig neben dem heißen Ofen zu stehen kommt.
Die Noten- und Fahnenschränke sind
"trotz aller Bitten immer wieder unter Besen, Stühlen usw. berghoch begraben"
Vereinsmitglied Ulrich bietet an, in seinem Lokal "Kurpfalz" in der Gilgenstraße unterzukommen.
6. November
Dirigent Stein gibt bekannt, dass er sich um die Stelle des Geschäftsfühers im Pfalzorchester beworben hat. Im Falle einer
Anstellung wird die Frage einer Neubesetzung des Dirigentenpostens akut.
1955
Januar
Es wird bekannt, dass der Jugendwart des Kinderchors, Theo Decker, austreten wollte und seine Schwiegermutter ihn zum Bleiben überredet hat.
Daraufhin wird die Schwiegermutter zum Ehrenmitglied ernannt.
März
Chorleiter Stein
gerät wegen nachlassender Leistung in die Kritik. Angeblich verbringe er die Probenabende im Weinhaus Köhler statt beim Chor - er wird aufgefordert, einen Chorleiterkurs besuchen. Daraufhin legt
Stein sein Amt nieder. Bei der nachfolgenden Dirigentensuche setzt sich der 35-jährige Polloczeck aus Speyer gegen
einen 25-jährigen Dirigente aus Dudenhofen durch.
Frühling
Der Kinderchor wird wegen zu großer „Belastung“ aufgelöst
13. August
Nachdem Wirt Fuchs das Sängerlokal an den Freitagabenden ständig anderweitig vergibt, wird endgültig der Beschluss gefasst, die Singstunde in die „Kurpfalz“ in der Gilgenstr. 11 zu verlegen.
Die Frage, wer denn nun die Schäden am Klavier bezahlt, beschäftigt den Verein und den Wirt der Schwartzschen Brauerei
noch eine ganze Weile.
26. November
die „Kurpfalz“ steht im neuen Jahr nicht mehr zur Verfügung - Vereinsmitglied und Wirt Ulrich vermietet den Saal anderweitig. Ein erneuter Umzug wird erforderlich. Der neu hergerichtete Saal in der „Stadt Nürnberg“ wird erneut Vereinslokal.
1956
Chorleiter Polloczeck legt sein Amt aus gesundheitlichen Gründen nieder. Mehrere Monate lang sind deshalb keine Proben möglich.
1957
Mitte des Jahres gelingt es, Wilhelm Purrmann als neuen Dirigenten zu verpflichten und somit das
90- jährige Vereinsjubiläum im Vereinslokal ,,Stadt Nürnberg" zu sichern.
1958
1959
Die Lyra und ihre Frauen
am 10. Dezember wird der "Kameradschaftsring der Frauen" ins Leben gerufen. Gründungsmitglieder sind "14 weibliche Angehörige der Lyra-Familie".
Sinn und Zweck der Vereinigung sollen sein:
"Unterstützung des Männerchores bei Durchführung kultureller Veranstaltung durch Beratung bei Vereinsjubiläen, Ehrungen, Weihnachtsfeiern usw."
1. Vorsitzende wird Lina Zinser
1960
Vorsitzender Emil Martin beklagt in der Generalversammlung,
dass das „deutsche Volkslied durch den Jazz in den Hintergrund gedrängt“ wird.
In einer außerordentlichen Sängerversammlung schlagen die Wogen hoch.
Grund ist die "mangelhafte Kameradschaft" des Chorleiters Wilhelm Purrmann, der durch seine "nicht umerziehbare Absonderung und Eigenwilligkeit" den Bestand der Sängergemeinschaft gefährde.
Purrmann wird aus dem Verein ausgeschlossen und der ehemalige Dirigent Stein trotz seines angeschlagenen
Gesundheitszustandes gebeten, die vorläufige Chorleitung zu übernehmen.
Die für den 17.12. anlässlich der Weihnachtsfeier geplante Opernaufführung "Bastien und Bastienne " (Mozart) kann deshalb
nicht stattfinden.
1966
im Vereinslokal ,,Stadt Nürnberg" häufen sich die Mängel - und das kurz vor dem großen Jubiläum!
In einem Schreiben verspricht die Brauerei Schwartz-Storchen Abhilfe.
Oktober 1967
einige Tage vor dem 100-jährigen Jubiläum verleiht der damalige Kultusminister und spätere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Bernhard Vogel, dem Verein
die Zelter-Plakette nebst Urkunde.
Diese Ehre wurde nur Chören zuteil, die sich besonders um die Chormusik und des deutschen Volksliedes verdient gemacht hatten.
1968
1969